Tanja Nittka
23.7.- 30.8.2020
Ausstellung Les Affaires im Kabinett Zentralwerk
Öffnungszeiten Do-So 17-20 Uhr
Vernissage Donnerstag, 23.7.2020 | 20 Uhr
Die in Berlin lebende Künstlerin zeigt Malerei aus verschiedenen Werkzyklen der Jahre 2010 bis heute, die sie speziell für den Ausstellungsort zusammengestellt hat.
Bei ihren Besuchen von Orten wie der Biblioteca Ambrosiana, der Villa Vigoni oder dem „Haus der Weberin“ verbindet Tanja Nittka die Recherche zur jeweiligen Historie mit ihren eigenen, persönlichen Eindrücken, denen sie immer Zeit gibt, sich zu entwickeln und zu wandeln. In ihren Bildern entsteht daraus eine Art gemalter, psychogeografischer Essay.
Die Malerin organisiert ihre Bilder in Werkgruppen, die in mancher Hinsicht wie literarische Texte funktionieren. Die intensive Auseinandersetzung mit einem bestimmten Ort liegt jeweils den einzelnen Kapiteln dieser „Romane“ zugrunde, und statt handelnder Personen sind es diese Orte, denen in Nittkas Arbeit die Hauptrolle zukommt. Die Abwesenheit von Bewohnern dieser Stätten wird durch die Präsenz der gezeigten Räume selbst aufgewogen – sie scheinen ein Eigenleben entwickelt zu haben. Als Betrachter wird man dazu eingeladen, geleitet von der Malerin, diese Orte neu zu erkunden und zumindest vorübergehend zu bewohnen, wobei es nie ganz klar wird, wie explizit diese Einladung ausgesprochen ist. Den Bildern wohnt oft eine Ambivalenz inne, die möglicherweise nicht ohne Einfluss auf den Betrachter bleibt. Wir müssen uns die Frage stellen, inwieweit wir noch Gäste, oder vielleicht doch schon Eindringlinge sind bei unseren Erkundungen dieser stillen, verheißungsvollen Interieurs.
Tanja Nittka lotet stets genau aus, wie weit sie als Chronistin dieser Räume gehen will: Was sie zu untersuchen und zu zeigen wagt und welche Bereiche sie lieber ungestört lässt. Manchmal gibt sie sich nicht mit dem zufrieden, was ihr bei Erkundungen vor Ort zugänglich ist: So zeigt sie Bücherregale, eigentlich unerreichbar hoch an einer Wand der Biblioteca Ambrosiana zu Mailand angebracht, perspektivisch unverzerrt, als befänden sich die alten Bände nur wenige Zentimeter vor dem forschenden Blick. Dem gelingt es aber dennoch nicht, in die sorgfältig gehüteten Geheimnisse einzudringen – die breiten Rücken der Bücher sind unbeschriftet und geben keinerlei Auskunft darüber, ob ihr Inhalt brisant oder doch eher banal ist.
Durch ihren mal zurückhaltenden, dann wieder forschen Umgang mit ihren Sujets, der ihnen viele Geheimnisse lässt, generiert Tanja Nittka eine Offenheit, die uns Betrachtern die Last nimmt, nach dem eindeutigen „wo“ und „wann“ dieser Darstellungen zu fragen. Der Hauch von Desorientierung, der von der perspektivischen Verzerrung mancher Räume ausgeht, wirkt einladend und leicht verunsichernd zugleich. Eine Irritation kann sich als vage Ahnung aus dem Bildraum heraus auf die reale Umgebung des Betrachters übertragen.
Bild: Das Sommerhaus III, 2017, 45 x 60 cm, Öl auf Leinwand
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